Post von Georg

Franzmänner sind auch hier 12000 Mann Gefangene

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Nachlass Georg Schmiele - Darmstadt im November 2014 - Militärwaschanstalt

Georg Schmiele (hinten, stehend) im November 2014 in der Militärwaschanstalt in Darmstadt. Foto: Nachlass Schmiele

An
Frau Georg Schmiele
in Halver i/Westfalen
Südstraße
Kreis Altena

Abs. Gefr. d. Res. Schmiele
Ers. Battl. der Res. Inf. Regts. 81
in Darmstadt
Truppenübungsplatz

Darmstadt, d. 29.11.14

Meine l. Ida!

Erhielt soeben deinen lieben Brief. Ich habe mich aber gleich hingesetzt und schreibe dir diesen Brief, damit du mir keine Vorwürfe mehr machen kannst, ich schriebe so wenig. Augenblicklich muß ich aber mal aufhören. Ich habe nähmlich Wasser auf dem Ofen kochen und will eben die Nudeln, die du mir mitgegeben hast, kochen. So jetzt kann es weitergehen. Liebe Ida mir geht es ja noch ganz leidlich. Wir liegen hier in den Wellblechbaracken. Es ist ja ganz gut auszuhalten, nur zuerst war es ziemlich kalt aber man gewöhnt sich alles. Von Bekannten sind nur Franz Langer aus Halver hier und Ernst Klar. Ich bin schon ein paar mal bei ihm gewesen. Es scheint ihm ganz gut zu gefallen. Das Battalion soll am 5. ausrücken ist wohl aber noch nicht bestimmt. Ob wir damit müssen ist noch nicht bestimmt. Ich bin jetzt noch beim Ausbildungspersonal. Hier ist viel zu sehen. Jeden Tag ist hier großes Übungsfliegen der Fliegerabteilung. Es sind immer 10 – 15 Apparate in der Luft. Auch üben sie sich im Bombenwerfen. Franzmänner sind auch hier 12000 Mann Gefangene. Die müssen das Lager reinmachen und sonst allerlei Arbeit verrichten, haben es aber ganz gut. Die scheinen alle großen Hunger zu haben. Wenn sie irgendetwas Kommißbrot erwischen können, so reißen sie sich bald ein Bein aus. Ob es unsere Leute in Frankreich ebenso haben? Liebe Ida wie geht es dir denn noch und was macht ihr noch alle. Schade daß ich so früh fort mußte. Es kam doch ein bißchen plötzlich. Es wurde nur eine Neueinteilung vorgenommen. Was macht Wilhelm Klabunde. Er war in Halver. Ich habe ihn hier noch nicht gesehen. Wenn er dort ist frage ihn mal wann er hier hin kommt. Es sind schon noch alte Bekannte aus dem Felde hier. Lieber Schatz du schreibst von wegen Paket schicken. Ich will es dir nicht verbieten man kann jetzt schon was gebrauchen. Wir bekommen jetzt nur noch 3 M 80 Pfennig Löhnung in 10 Tagen statt 6 M 30 Pfennig, weil wir keine mobilen Truppen mehr sind. Schickt aber kein Geld, aber ein Paket schicke ich nicht zurück. Geld bekomme ich ja jetzt wieder am 1. Dann habe ich ja wieder alles. Nach Gensingen habe ich gleich geschrieben. Vielleicht ist es schon eingetroffen. Nun lieber Schatz muß ich schließen. Die Zeit war zu schön, wo wir wieder zusammen sein durften. Der Herr gebe daß der Krieg bald ein Ende nehme. Das ist aller Wunsch. Es ist doch schon viel Familienglück zerstört worden.

Nun l. Schatz dem Herrn befohlen. Grüße Onkel und Tante recht herzl. von mir. Sowie alle Bekannten im Herrn.

Viele herzl. Grüße und Küße

Dein Georg

Jetzt muß ich meine Nudeln essen

Mahlzeit

Schreib bald wieder

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100 Jahre danach

Die Feldpostbriefe von Georg Schmiele erscheinen hier jeweils auf den Tag 100 Jahre, nachdem der gebürtige Berliner sie geschrieben hat. Was hat er im Ersten Weltkrieg erlebt und wie hat er den Krieg wahrgenommen? Veröffentlicht werden die Briefe von seinem Urenkel Carsten Fischer und Familienangehörigen.

Zur Person

Georg Schmiele

Ich bin Georg Schmiele, geboren 1888 in Berlin. Am 2. August 1914 wurde ich zum Kriegsdienst eingezogen. Wie es mir an der Front im Westen ergeht, schreibe ich meiner Frau Ida regelmäßig in meinen Briefen. Wir wohnen in Halver in Westfalen. Hier beginnen meine Feldpostbriefe und hier ist mein Lebenslauf.

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