Post von Georg

Die besten Jahre gehen hin

0 Kommentare 08. Februar 1916

Georg Schmiele
an
Ida Schmiele
[Brief ohne Kuvert]

geschr. d. 8.2.16

Meine l. Ida!

Ich will Dir doch schnell einen Brief schreiben. Sonst wirst Du noch ungeduldig. Ich freue mich daß es Euch noch allen gut geht. Deine Karten und Briefe habe ich erhalten. Besonders über den letzten habe ich laut gelacht. Würde auch gerne bei Euch sein und Euch malen helfen. Aber vorläufig soll es noch nicht gehen. Ich hoffe am 11. In Urlaub zu kommen; und bin deswegen mal zum Hauptmann gewesen. Es war aber nichts zu machen. Augenblicklich ist hier Urlaubssperre, wie lange daß dauert, weiß man nicht. Kurz und gut der Urlaub ist wieder zu Wasser geworden. Es hat mir sehr leid getan, weil ich mich schon sehr drauf gefreut hatte. Wer weiß wann es jetzt wieder welchen giebt.

Wie sieht es denn in Halver aus? Im August werden es jetzt 2 Jahre seitdem ich von Euch bin, es wird einem bald alles fremd. Ich glaube wenn man mal wieder zuhause ist, dann muß sich erst alles wieder einleben. Wenn diese Zeit doch erst mal käme. Ich glaube eine größere Freude gäbe es nicht. Gotte gebe daß die bald kommt und die Feinde zur Einsicht kommen, daß es zwecklos ist, weiter gegen Deutschland zu kämpfen. Aber so wie es jetzt geht kann es noch Jahre dauern. Wir wollen es nicht hoffen; alles denkt ja in diesem Jahre würde dieser Krieg beendigt; aber man kann sich täuschen wie schon öfter. Als mobilgemacht wurde, da sagte man sich, vor Weihnachten sind wir wieder zuhause, dann hieß es im Frühjahr dann, es giebt keinen zweiten Winterfeldzug, und jetzt soll es in diesem Jahre Friede werden. Wir wissen es nicht, Gott weiß es. Manchmal ist einem alles leid, wenn man darüber nachdenkt. Die besten Jahre gehen hin. Es ist nun nichts mehr zu machen, und wir müssen eben ausharren. Es ist eben auf dieser Welt alles unvollkommen.

Nun meine liebe Ida, wenn Gott will, wierd auch für uns eine bessere Zeit nach dem Kriege anbrechen. Mach Dir nur nicht so viele Gedanken, daß Schlechte kommt von selbst. Vorige Woche bekam ich eine Karte von Will Eicker aus Monastir (Serbien). Er schrieb daß sie schon seit Weihnachten dort lägen und Garnisonsdienst täten.. Was jetzt eigentlich vorgeht weiß kein Mensch. Nun will ich mal davon aufhören. Deine Gurken und Zwiebeln. Die Du mir damals schicktest, haben mir sehr gut geschmeckt. Ist noch mehr davon da? Ich wünschte daß ich alle Tage Geburtstag hätte.

Um daß viele Porto zu sparen kannst Du solange wie wir hier noch liegen, ein größeres Paket machen, und dafür soviel länger warten. Ich glaube es kommt ziemlich schnell an. Was mein Paket betrifft, so soll ich es jetzt wohl schicken müssen, eigentlich sollte es mit in Urlaub genommen werden. Also nächste Woche.Die Zeit wird aber wohl bis dahin nicht lang werden, wie Du mir schreibst hast Du ja Besuch aus Leipzig da. Dann bin ich wohl überflüssig?

Wie ist es denn mit dem Hammer, hat Onkel einen gekauft? Schade daß ich nicht da sein kann. Was macht denn Karl Schröder, der hat mir auch lange nicht geschrieben. Er hat wohl Angst daß er auch weg mußte. Schadete ihm mal garnicht; bekommt er und seine Emma auch mal andere Gedanken. Dann wollte ich wissen, ob Wilh. Klabunde noch da ist. Der hat wirklich Glück. Dann wollte ich morgen Otto Turk fragen. Ich dachte der hätte mir mal geschrieben. Wie ist es denn mit Alma? Nun mein lieber Schatz will ich schießen, nächstens mehr. Grüße Onkel und Tante recht herzl. Von mir, sowie unsere liebe Kleine, die doch schon recht groß sein muß. Schreib bald wieder. Ich kann Dir ja nicht alles schreiben, wie ich es möchte. – .

Nun leb wohl Gott befohlen
Viele Grüße und Küße D. Georg

Wir dürfen in der Woche nur zwei Briefe schreiben. Da kann ich also nicht so viel schreiben, aber Du kannst ja mehr schreiben.

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100 Jahre danach

Die Feldpostbriefe von Georg Schmiele erscheinen hier jeweils auf den Tag 100 Jahre, nachdem der gebürtige Berliner sie geschrieben hat. Was hat er im Ersten Weltkrieg erlebt und wie hat er den Krieg wahrgenommen? Veröffentlicht werden die Briefe von seinem Urenkel Carsten Fischer und Familienangehörigen.

Zur Person

Georg Schmiele

Ich bin Georg Schmiele, geboren 1888 in Berlin. Am 2. August 1914 wurde ich zum Kriegsdienst eingezogen. Wie es mir an der Front im Westen ergeht, schreibe ich meiner Frau Ida regelmäßig in meinen Briefen. Wir wohnen in Halver in Westfalen. Hier beginnen meine Feldpostbriefe und hier ist mein Lebenslauf.

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