An
Frau Georg Schmiele
in Halver i/Westfalen
Kreis Altena
Gensingen, d. 9.10.14
Meine l. Ida!
Endlich komme ich dazu dir zu schreiben, du wirst dich wohl schon lange danach gesehnt haben. Ich bin wieder kolosall durch die Welt gefahren. Vom Bezirkskommando wurde ich nach Büdesheim am Rhein geschickt, wo unser Ersatzbataillon liegen sollte. Ich war 2 ½ Tage unterwegs. Als ich in Büdesheim ankam, war das Batallion nach hier schon abgerückt und ich mußte nachlaufen. Am anderen Morgen war Untersuchung. Ich war dienstfähig, trotzdem ich ihm sagte, dass ich noch nichts machen konnte. Dagegen ist eben nichts zu machen, man macht eben solange mit wie es geht. Nun wir wollen dem Herrn alles anbefehlen in dieser schweren Zeit. Täglich gibt es neue Gefahr, und ein Ende ist noch nicht abzusehen. Gott gebe, daß dieser entsetzliche Krieg bald ein Ende nehme. Diese Erde hier ist doch ein richtiges Jammertal. Wie ist es denn noch in Halver? Schreib doch bitte recht oft. Du hast ja doch jetzt Zeit. Ich denke immer viel an dich, weil du auch jetzt so allein da steckst. Was macht Lydia? Geht es ihr noch gut. Wie ich gehört habe hat unser Regiment wieder viele Verluste gehabt. Unser Hauptmann ist auch gefallen und fast alle Offiziere, das gibt immer wieder neues Leid. Aber wir müssen es eben tragen. Das mit unserer kleinen Martha hat mir auch viel Überwindung gekostet; mehr wie ihr denkt. Wir dürfen aber nicht murren, sie ist auch viel wohler dran wie wir. Mir geht es hier ganz gut. Ich habe ein sehr gutes Quartier, bei einem Schuhmachermeister. Hier treffen jeden Tag
Mit vielen Grüßen und Küßen
Georg
Meine Adresse
Gefr. d. Res. G. Schmiele
Ersatz Battl. des Res. Inf. Regts. No 81
2. Komp in Gensingen bei Bingen a/ Rhein