Post von Georg

Natürlich mußt du immer schön artig sein

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Abs. Gefr. Schmiele
Ers. Flieger-Abteilung 9 […]
Darmstadt
Tr.Üb.Platz

Feldpostbrief

An
Frau Georg Schmiele
in Halver i/Westfalen
Kreis Altena

Darmstadt, 4. Mai 1915 [Datum des Poststempels]

L. Ida!

Ich will dir eben noch schnell ein paar Zeilen schreiben viel ist es nicht; aber ich weiß wenn ich zuviel schreibe; dann schimpfst du wieder. Wir sind heute umgezogen. von unserer schönen Kaserne, in eine Baracke, ehemaliger Pferdestall. Daß ist schon wieder eine Stufe niedriger; bis wir mit einem Mal wieder draußen im Felde schlafen; und nehmen den Himmel als Dach. Wir sind vor 3 Wochen alle untersucht worden, auf Felddienstfähigkeit. Was es weiter giebt muß mann abwarten. Wenn Gott will können wir uns vielleicht in 3 Wochen mündlich alles erzählen. L. Ida wie ich in deinem Brief gelesen hab; hast du dich wieder über deine Mutter geärgert; wenn ich dagewesen wäre, dann wärst du nicht nach Lüdenscheid gefahren, wenn sie was von dir will. Dann kann sie zu dir kommen. Übrigens brauchst du dir keine Gedanken zu machen, laß sie mann ruhig zappeln. Sie wird schon wieder kommen. aber nicht schreiben. Nach Lengelscheid will ich mal schreiben. Also mach dir keine Sorgen über den ganzen Kram. Du hast überhaupt bloß an mich zu denken, aber daß scheinst du nicht zu tun, sonst würdest du dir keine anderen Gedanken machen. Na warte mann. Gestern habe ich die 15 Mark erhalten. Nötig habe ich sie noch nicht gehabt. ich hatte noch 10 M. Wenn ich sie noch Pfingsten habe, bringe ich sie dir wieder. Oder ich bring dir was schönes mit.

Mir geht es noch ganz gut. Was macht der [Kürbis]? Schade daß wir die schöne Frühlingszeit nicht zusammen verleben können; aber so Gott will, daß nächste Jahr. Ich bin hier ein paarmal mit Wilhelm Degenhardt weggewesen; aber du weißt ja, daß ich mich für den Wilhelm nicht begeistere. Es gefällt mir eben nirgens besser wie bei dir. Natürlich mußt du immer schön artig sein. Ich bin jetzt eben kolosal verwöhnt. Wenn ich mal irgendwo (Lokus) hin muß; dann geht immer ein Mann mit; der mir immer die Hose mit einem Nagel hinten fest macht. Du siehst also, es ist schon weit mit mir gekommen. Hoffentlich bist du noch nicht so tief gesunken, daß ich mich wieder an dir aufrichten kann. Nun l. Ida muß ich schließen. Ich habe sehr schlechte Schreiberei gehabt. Alle paar Sekunden läuft einer am Tisch vorbei und dann wackelt der ganze Fußboden. Aber aus Liebe und Angst vor einer Gardinenpredigt erduldet man schon viel. Nun l. Ida sei herzlich gegrüßt u. geküßt von deinem Georg

Schreibe bald wieder

Gruß an Onkel dem [..]läufer mit der […]

und Tante

sowie alle Bekannte

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100 Jahre danach

Die Feldpostbriefe von Georg Schmiele erscheinen hier jeweils auf den Tag 100 Jahre, nachdem der gebürtige Berliner sie geschrieben hat. Was hat er im Ersten Weltkrieg erlebt und wie hat er den Krieg wahrgenommen? Veröffentlicht werden die Briefe von seinem Urenkel Carsten Fischer und Familienangehörigen.

Zur Person

Georg Schmiele

Ich bin Georg Schmiele, geboren 1888 in Berlin. Am 2. August 1914 wurde ich zum Kriegsdienst eingezogen. Wie es mir an der Front im Westen ergeht, schreibe ich meiner Frau Ida regelmäßig in meinen Briefen. Wir wohnen in Halver in Westfalen. Hier beginnen meine Feldpostbriefe und hier ist mein Lebenslauf.

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