Post von Georg

Ich komme raus zu einer Feldfliegerabteilung als Flugzeugmonteur

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Abs. Gefr. Schmiele
Ers. Flieg. Abteil. 9
Darmstadt Tr.Üb.Platz

Feldpostbrief

An
Frau Georg Schmiele
in Halver i/Westfalen
Kreis Altena

Gensingen, [vor dem 6. Juni 1915]

M. l. Ida!

Du wirst gewiß lange auf den Brief gewartet haben. Es ging aber schlecht. Der Befehl kam ganz plötzlich. Wir wurden gleich eingekleidet. Am Montag voriger Woche hatte mir schon der Werftleiter [?] gesagt; das ich der erste wäre, der mit raus käme; zu einer Feldfliegerabteilung als Flugzeugmonteur. Nun lieber Schatz mache dir keine Gedanken und sei immer hübsch vorsichtig. Ich werde dir immer schreiben. In der ersten Zeit wird es wohl nicht so gehen, weil wir noch keine Adresse wissen; und wo wir hinkommen. Es ist noch gar nichts bestimmtes. Am vergangenen Sonntag sollten wir ausrücken. Es waren aber noch keine Gewehre da. Jetzt geht es am Montag den 7. Juni erst los. Am Sonntag bekommen wir noch Urlaub. Wenn ich am Vormittag früh hätte fahren können, so wäre ich noch für ein paar Stunden nach dir gekommen, aber so ist es nicht möglich gewesen. Ich bin jetzt am Vormitag in Gensingen gewesen, da war es wenigstens besser wie auf dem Übungsplatz. Die Familie Friedrich hatte sich sehr gefreut. Hier habe ich auch diesen Brief geschrieben. Hoffentlich hast du die Karten und das Paket erhalten; und auch den eingeschriebenen Brief. Es wird wohl so gut sein. Mein lieber Schatz es tut mir sehr leid, daß ich nicht nächstens bei dir sein kann. aber wier müssen es so nehmen aus Gottes Hand. Schreibe mir aber dann sofort. Ich bin froh, daß ich wenigstens Pfingsten bei dir sein konnte, wenn wir auch nicht viel zusammen hatten, aber man sieht sich doch wenigstens. Wie geht es denn noch in Halver. Hier ist alles trocken und wenn es bald kein Regen giebt, dann verdorrt alles. Ist es dort auch so? Von Otto […] habe ich gehört, daß […] ihr Bruder, der aus B[…] auch gefallen ist. Es kostet der Krieg immer mehr [Gefar?]. Es ist wirklich traurig, wenn man denkt wieviel Familienglück damit zerstört wird. Es ist gut daß unsere letzte Heimat dort droben ist; wo der Jammer nicht unser sein wird. aber noch so viele gehen leichtsinnig daran vorbei. In Rußland geht es jetzt ja wieder gut vorwärts. Vielleicht giebt Gott bald den vollständigen Sieg. Lieber Schatz du wolltest auch noch wissen wie ich Pfingsten hergekommen bin. Um 12 Uhr war ich in Darmstadt.2 Stunden zu spät. Ich bin aber mit der Masse an der Wache durchgerutscht. Ein alter Mann fällt eben nie auf. ich konnte doch nicht eher da sein. Die Züge hatten 3 Stunden Verspätung. Ich mußte sonst schon um 9 Uhr in Darmstadt sein. Na daß spielt ja jetzt keine Rolle mehr. Deinen Heringen habe ich gleich am anderen Tage das Schwimmen gelernt. Das andere war alles sehr gut, nur die Butter war etwas dünn. Die Butter muß ich jetzt verschenken. Es ist vieleicht noch ein ½ [Abkürzung für Pfund???] da. Mitnehmen kann man keine, wir haben genug an unserer Ausrüstung zu schleppen. Ernst Viebahn ist auch wieder ins Feld gerückt. Paul Turk bleibt erst noch hier. L. Ida du schreibst mir noch von Willi Halverscheid. Wie es mir vorkommt liegt er in der Kaserne des […}-Batt. in […]. In Potsdam ist eine Versammlung in einer Querstr. der Brandenburgerstr. ich weiß aber nicht wie dieselbe heißt. Er brauch nur an den christlichen Verein j. Männer in Berlin, Wilhelmstraße zu schreiben. dann werden sie ihm schon eine Adresse angeben wo er hingehen kann. Willi der käme jetzt auch schon lieber wieder nach Hause; als wie es ihm damals zu lange dauerte. Nun mein lieber Schatz muß ich bald schließen. Sollten wir am Montag noch hierbleiben; dann schreibe ich dir noch mal. Nun leb wohl mein Schatz. Gott befohlen. Sollte auch von Familie Frei dich grüßen. Grüße Onkel und Tante recht herzlich von mir. Was macht denn der kleine Junge?

Viele herzl. Grüße und Küße

Dein Georg

Schicke dir ein paar Kornblumen die habe ich hier geflückt

Auf Wiedersehen D. Georg.

In dem Kuvert befindet neben dem Brief getrocknete Blumen und Gräser. Der Brief ist undatiert. Er muss in Gensingen Anfang Juni vor dem Ausrücken verfasst worden sein, wie aus dem Inhalt hervorgeht.
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100 Jahre danach

Die Feldpostbriefe von Georg Schmiele erscheinen hier jeweils auf den Tag 100 Jahre, nachdem der gebürtige Berliner sie geschrieben hat. Was hat er im Ersten Weltkrieg erlebt und wie hat er den Krieg wahrgenommen? Veröffentlicht werden die Briefe von seinem Urenkel Carsten Fischer und Familienangehörigen.

Zur Person

Georg Schmiele

Ich bin Georg Schmiele, geboren 1888 in Berlin. Am 2. August 1914 wurde ich zum Kriegsdienst eingezogen. Wie es mir an der Front im Westen ergeht, schreibe ich meiner Frau Ida regelmäßig in meinen Briefen. Wir wohnen in Halver in Westfalen. Hier beginnen meine Feldpostbriefe und hier ist mein Lebenslauf.

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